Auslandsinformationen, vol.20, no.9, pp.43-62, 2004
Seit langem drängt es die Türkei danach, Mitglied der EU zu werden, einer Gemeinschaft, deren Identität maßgeblich durch die demokratischen und rechtsstaatlichen Strukturen ihrer Mitglieder sowie dem Respekt vor den Menschenrechten geprägt ist. Bislang schien der Wunsch der Türken indes unerfüllbar, musste doch die EG und spätere EU das Land immer wieder auf seine gravierenden Demokratiedefizite und seine fehlende Rechtsstaatlichkeit aufmerksam machen, deren Ursachen bereits in vorkemalistischer Zeit begründet sind. Inzwischen hat die Türkei hart an sich und ihrer staatlich-gesellschaftlichen Ordnung gearbeitet. Die Abschaffung von Folter und Todesstrafe, die Reduzierung des allmächtigen Staates, die Neudefinition des Nationalprinzips, die Beschränkung von Funktion und Einfluss des Militärs sowie die Angleichung des nationalen an das europäische Strafrecht – all dies sind Schritte, die für die Ernsthaftigkeit des türkischen Wunsches nach EUMitgliedschaft und nach der wiederholt angemahnten Erfüllung der Kopenhagener Kritierien sprechen. Die Türkei ist sich der europäischen Werte bewusst – so scheint es zumindest und so wird es auch durch die jüngsten Anstrengungen des Landes, etwa zur Durchführung der neun so genannten Harmonisierungspakete, belegt. Europa selbst sollte dies nicht übersehen.